Schon lange hoffe und warte ich auf eine neue Adaption von Noriko Ogiwaras Werken. RDG wäre nicht meine erste Wahl gewesen, doch man nimmt was man kriegen kann. Urban Fantasy ist eines meiner Lieblingsgenres und ich habe viel Vertrauen in Ogiwaras Schreibkunst. Daher habe ich es auch gewagt ein paar Erwartungen an RDG zu stellen, die ich bei Animes mittlerweile immer niedrig zu halten versuche. Gehofft habe ich nämlich auf eine richtig gute Fantasy-Serie, die man problemlos neben Guardian of the Spirit, Erin oder 12 Kingdoms stellen kann.
Konnte RDG diese Erwartungen erfüllen? Nach 6 Folgen sind wir genau bei der Hälfte der Serie angekommen und ein paar Sachen lassen sich jetzt schon ganz gut beurteilen. Auf der einen Seite hat die Serie ein tolles Setting und interessante Ideen, auf der anderen Seite hätte man vieles besser machen können. Mal der Reihe nach …
RDG startet relativ ruhig, und man hat das Gefühl, dass die Story sehr langsam voran geht. Doch in Wahrheit legt der Anime ein riesen Tempo vor. Die Buchreihe, die hier adaptiert wird umfasst 6 Bände. Im Anime werden jedem Band 2 – 3 Folgen gewidmet (zum Vergleich: Spice and Wolf 1 Buch = 6 Folgen, 12 Kingdoms 1 Buch = ca. 7 Folgen, Bantorra 1 Buch = 4 – 6 Folgen, GotS 1 Buch = 26 Folgen, Erin 2 Bücher = 50 Folgen). Mit Folge 6 sind wir bei RDG bereits mitten im dritten Band und man kann sich also denken, dass hier einiges gekürzt wurde.
Am Anfang wird man im Anime noch langsam eingeführt und hat auch Zeit zu merken, dass hier und da doch ein paar Sachen nicht ganz mit rechten Dingen zugehen. Es gibt ein paar beeindruckende Szenen wie „oh, mein Sohnemann ist die Klippe runtergefallen. Zum Glück war ich grad da und konnte ihm helfen“, wo man nur denkt, omg, was ist das denn für ein Psychopath … oder natürlich wenn die Göttin sich das erste Mal zeigt. Aber schon ab dem zweiten Arc, wenn es zur Schule geht, hat man kaum mehr Zeit sich an irgendwas zu gewöhnen oder mitzurätseln. Man versucht zu verstehen was denn nun die Götterseelen und Yin-Yang-Meister sind, was es mit der Zauberschule auf sich hat und wer sonst noch alles so mitmischt (Blondi?), aber bevor richtig Spannung aufkommt, bekommt man die Antworten direkt präsentiert, denn der nächste Story-Arc steht schon in den Startlöchern. Vielleicht liegt es auch an mir, aber durch dieses Pacing kommt bei mir kaum Atmosphäre auf und ich kann mir vorstellen, dass Zuschauer ohne Vorkenntnisse was Shintoismus usw. betrifft, noch mehr Probleme haben werden der Geschichte zu folgen. Wirklich Zeit die Charaktere kennenzulernen bleibt auch keine, womit wir beim nächsten Punkt wären …
Dem Cast von RDG stehe ich ziemlich neutral gegenüber. Sie sind keine wandelnden Stereotypen, aber es fehlt auch an diesem gewissen Etwas, um sie richtig besonders zu machen. Izumiko kann ganz schön nerven, mit ihrer extremen Passivität und Angst vor jedem Grashalm, auch wenn es Sinn gibt, weil sie genau dazu erzogen wurde und noch dazu einen sehr starken, angeborenen Fluchtinstinkt hat. Sie bessert sich schon, aber ich glaube das Schlimmste ist einfach ihre Stimme, die so unangenehm piepsig ist. Der männliche Hauptchara Miyuki ist etwas extrem aggressiv, doch gleichzeitig ist das absolut verständlich. Die Situation, in die sein „Vater“ ihn reinzwingt, kann einen ja nur aggressiv machen (und ich konnte natürlich auch prima nachvollziehen, wenn er bei Izumiko die Geduld verloren hat). Nach ein paar Folgen bessert sich auch sein Temperament. Die anderen Charaktere sind denke ich Opfer des Pacings, da sie alle recht flach erscheinen, weil sie nie zum Zuge kommen. Die Drillinge haben offensichtlich Tiefgang und auch ein oder zwei andere Charas scheinen komplexer zu sein als man zuerst vermutet, aber es kommt nur schwer bei mir an, da so wenig Zeit ist.
Leider wird man in RDG auch nicht verschont was den typischen Anime-Kitsch angeht … wenn Izumiko ihre Schüchternheit erklärt oder die starke Mayura in den Armen ihres Bruders zusammenbricht … oder wenn immer und immer wieder Izumiko und Miyuki für ein Pärchen gehalten werden. Hier kommt die Romantic Fantasy-Seite der Serie zum Vorschein und es ist etwas schade, dass ich dafür mittlerweile ein bisschen zu alt bin. Früher hätte mir die Serie in der Hinsicht sicherlich noch mehr Spaß gemacht. Aber so oder so, im Vergleich zu anderen Serien hält es sich bisher in Grenzen, und ich hoffe wirklich, dass das so bleibt. Auf Gruppenweinen und bewegende Monologe kann ich echt verzichten.
Was die Animationen angeht, sind diese ziemlich durchschnittlich. Nicht schlecht, aber definitiv auch nicht gut. In den ersten Folgen sieht die Serie noch wirklich schick aus, was vor allem an den schönen Hintergründen und der kaum vorhanden Action liegt. Sobald es in die Schule geht, verschwinden diese Naturhintergründe und es sieht dann alles nur noch normal aus. In RDG wird auch ziemlich oft getanzt, was mit dem Shintoismus zusammenhängt, und meistens sind diese Szenen daher auch recht wichtig, aber die hölzernen Bewegungen fallen dann erst recht auf. Zumindest sorgt der traditionell angehauchte Soundtrack in diesen Momenten dafür die Atmosphäre aufzubauen. Ein paar schöne Musikstücke hat die Serie zu bieten.
Insgesamt klingt das jetzt vielleicht recht negativ, aber schlechte Animationen und Kitsch (und schlechte Regie) findet man momentan in fast jedem Anime und oft nichts anderes zum Ausgleich. Aus meiner Sicht ist RDG daher im Vergleich immer noch eine überdurchschnittlich gute Serie. Nicht das Meisterwerk, was ich mir erhofft habe, aber doch besser als vieles was das Medium sonst so zu bieten hat. Das volle Potential der Vorlage hat man scheinbar nicht genutzt. Tolles Setting und Ideen, aber mangelhafte Umsetzung. Und trotzdem ist die Serie einen Blick wert, für jeden Anime-Fan der mit ruhigeren Serien zurechtkommt, zumal es nur 12 Folgen sind. Fans von Natsume und Romantic Fantasy sollten einen Blick riskieren und auch wer sonst noch nach guter Fantasy sucht und oben genannte Serien schon durch hat, ist hier richtig.
Noch ist die Serie nicht vorbei und das Beste hebt man sich bekanntlich für den Schluss auf. Beim aktuellen Tempo sieht es so aus als würden alle 6 Bücher in diesen 12 Folgen abgedeckt und mich interessiert es definitiv was aus Izumiko wird und was es denn nun mit dieser Göttin und ihren guten oder bösen Absichten auf sich hat.
Erschlägst du mich, wenn ich dir erzähle, dass ich die Serie nach 2 Folgen jetzt erstmal auf „On Hold“ gesetzt habe? Aus eben genau den Punkten, die du so schön angesprochen hast. Die Serie ist einfach sehr unmotivierend und bis auf die Main selbst kann ich die Chars da alle überhaupt nicht ab.
6 Bücher in 12 Folgen … Moment, gehe ich richtig darin, dass mit „Bücher“ auch wirklich Romane gemeint sind, also kein Manga, keine Light Novel und demnach bei weitem mehr Text? Oder sind japanische Romane entsprechend kürzer? Es macht schon einen Unterschied, ob wir von 60 oder 500 Seiten reden, mit Stückzahlen kann man da nur schwer Vergleiche ziehen.
Bücher. Keine Manga, keine LNs. Heißt aber auch nicht viel, bspw. hat Band 1 von „Twelve Kingdoms“ in etwa 1/3 des inhaltlichen Umfangs des „Kleinen Hobbits“.
Shino, ich denke die Serie eignet sich auch besser zum am Stueck schauen. Der erste Arc endet allerdings mit Folge 3. Danach aendert sich alles schon etwas, was Setting, Charas (von denen kennt man im ersten Arc eigentlich nur die 2 Hauptcharas) und die generelle Atmosphaere angeht.
Starlin, stimmt. Die Buecher, die ich hier verglichen habe, haben alle einen aehnlichen Umfang. Kurze Romane mit so 300 Seiten, ausser S&W, was ein etwas kuerzes LN ist.
Lumi,
ich geb´dir in dem ein oder anderem Punkt völlig recht. Ich hab mal zeitweise im Regiestab eines hessischen Theaters mitgearbeitet und selbst schon zwei Theaterstücke verfasst, daher versteh ich was vom Aufbauen von Spannung.
Du liegst richtig mit deiner Aussage, dass keine echte Spannungskurve entsteht, weil die gesamte Serie viel zu schnell voran getrieben wird. Wenn ich schätzen müsste, würd ich sagen, dass man daraus wahrscheinlich wirklich 24 Folgen machen müsste, um dem Werk facettenreich gerecht zu werden. Beispielsweise hätte ich mir gewünscht, dass gerade Izumiko´s Background, oben auf dem Berg praktisch in Isolation lebend, wesentlich mehr Ausdruck verliehen worden wäre, um sie als Charakter wirklich „dicht“ ( im Sinne von vollständig oder umfangreich … nicht von betrunken! XD ), authentisch und lebendig werden zu lassen. Ich find das so etwas schade, denn da steckt prinzipiell Potential drin (wie in der Vorlage wahrscheinlich auch), und es bleibt bedingt durch die Wahnsinnsgeschwindigkeit praktisch liegen.
Ob jetzt der „Aufblitzen“ von romatischen Inhalten bei Izumiko und Miyuki jetzt typischer Anime-Kitsch sein mag, sei mal dahin gestellt. Aber ironischerweise ist mit beim Schauen der ersten 6 Folgen offen gestanden nicht ein einziger Hinweis entgegengesprungen, dass die beiden „in der Zukunft“ irgendwie was romantisches am Laufen haben könnten. Schließlich gibt´s da ja diese Szene, in der man Izumiko sieht, wie sie von ihrem kleinen Freund drangsaliert wird. Und Izumikos Passivität stellt da auch einen nicht zu unterschätzenden Faktor dar, der es ebenfalls einfach unauthentisch erscheinen lässt, dass die beiden was miteinander anfangen könnten.
Aber du hast recht, das Beste kommt ja bekanntlich zum Schluss. Vielleicht verschiebt sich das Ganze ja noch ein wenig zum Guten, wer weiß.